Kein Termin für zweiten Kommunalgipfel in Aussicht

Nr.9.05  | 23.05.2022  | STGT  | Städte- und Gemeindetag MV

Landesregierung und Landtag schaffen mit dem Landeshaushalt aber bereits Tatsachen

 

Städte und Gemeinden fordern weiterhin Verlässlichkeit vom Land beim kommunalen Finanzausgleich. Viele kommunale Fragen des ersten Kommunalgipfels sind nach wie vor ungeklärt und sollten vor der abschließenden Beratung im Landtag mit den Kommunen besprochen werden. Außerdem fordern die Städte und Gemeinden im Land eine lastengerechte Verteilung von Bundesmittel für Ukraine-Schutzsuchende! 

Anlässlich der Anhörung im Finanzausschuss des Landestages zum Haushaltsbegleitgesetz, mit dem unter anderem auch geregelt werden soll, wie viel Geld das Land den Kommunen im kommenden Jahr zur Verfügung stellt, zeigen sich die Städte und Gemeinden im Land enttäuscht vom bisherigen Verfahren des Landes. „Wir hatten rückblickend gemeinsam mit dem Land ein sehr gutes und wirksames Finanzausgleichsgesetz 2020 erarbeitet, das viele Kommunen im Land erstmals Schuldenfreiheit und Spielraum für die Gestaltung und Umsetzung vieler Investitionen für die Menschen vor Ort geboten hat. Das war damals ein fairer Dialog auf Augenhöhe“, erklärt Thomas Beyer, Vorsitzender des Städte- und Gemeindetages. 

„Wir hatten gehofft, an diesem guten gemeinsamen Weg weiter festhalten zu können, werden aber leider gerade eines Besseren belehrt. Vieles von dem, was unter anderem auf dem ersten Kommunalgipfel im Dezember 2021 vereinbart wurde, ist nach wie vor offen. Abgesehen von der zweiten Verhandlungsrunde, die bereits im zweiten Quartal 2022 und vor allem vor der abschließenden Beratung im Landtag stattfinden sollte und zu der wir bis heute keinerlei Info seitens der Staatskanzlei haben, fordern wir das Land auf, von der im Gesetzentwurf vorgesehenen Absenkung der kommunalen Beteiligungsquote abzusehen“, mahnt Beyer. „Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum das trotz steigender Landeseinnahmen erfolgen soll, zumal uns im Dezember 2021 auch zugesagt wurde, dass eine Absenkung nicht in Frage kommt. Wir fordern das Land außerdem auf, von der Absenkung der sehr erfolgreichen Infrastrukturpauschale von bislang 150 Mio. Euro p.a. auf 100 Mio. Euro p.a. ebenfalls abzusehen. Ein Absenken in Zeiten von massiven, krisenbedingten Kostensteigerungen bei nahezu allen kommunalen Investitionsmaßnahmen ist nicht das richtige Signal und hätte direkte Auswirkungen letztlich auch für die Menschen in unseren Städten und Gemeinden“, so Beyer weiter. 

Zudem rügt der Verband, dass Verfahrens- und Beteiligungsrechte nicht beachtet werden. Obwohl ein Doppelhaushaushalt auch Festlegungen für 2023 schafft, erhalten die kommunalen Spitzenverbände und deren Mitglieder nicht ausreichend Zeit, um zu den Gesetzesänderungen ausreichend Stellung zu nehmen. Dies ist wichtig, weil es im Landtag viele neue Abgeordnete gibt, die erstmal mit der „Königsdisziplin“ vertraut gemacht werden müssen. Gerade bei „Buchungstricks“ ist dies wichtig, wie gerade die Abgeltung der Aufwendungen der Kommunen im übertragenen Wirkungskreis zeigt. Es gibt 44 Mio. EUR mehr. Dafür werden aber an anderer Stelle den Kommunen Mittel in ähnlicher Höhe an Schlüsselzuweisungen wieder abzogen. „Das ist für uns völlig inakzeptabel“, so Beyer weiter und fordert hier Transparenz und das Ausüben des Ermessensspielraumes des Gesetzesgebers. 

Für die Städte und Gemeinden im Land sind Vertrauen und Verlässlichkeit aktuell wichtiger denn je. Daran festzuhalten wäre ein wichtiges Signal, vor allem auch um Unsicherheiten in diesen unsicheren Zeiten auszuräumen. Der Städte- und Gemeindetag fordert daher den Gesetzgeber auf, seinen Spielraum, den er durchaus hat, auch zu nutzen und die vielen Hinweise und Anregungen, die der Verband in seiner Stellungnahme aufgelistet hat, gründlich zu prüfen und in den Gesetzentwurf einfließen zu lassen. 

Ukraine-Schutzsuchende: Städte und Gemeinden fordern lastengerechte Verteilung der Bundesmittel 

Im Übrigen verlangt der Städte- und Gemeindetag, dass die Bundesmittel für die Aufwendungen für die aus der Ukraine Vertriebenen lastengerecht auf Land und die einzelnen Kommunen verteilt werden. Durch den Wechsel in den normalen Leistungsbezug zum 1. Juni entstehen bei den Kommunen vor allem Kosten für Kita-Betreuung, Beschulung, Herrichtung von Wohn- und Unterkunftsmöglichkeiten und in der Jugendhilfe sowie dem ÖPNV. Sollten diese Bundesmittel nicht ausreichen, muss nachgebessert werden, damit Kommunen nicht gezwungen werden, dafür an der Abgabe- und Steuerschraube zu drehen. Das bleibt aber abzuwarten. Hinsichtlich der lastengerechten Verteilung zwischen den Kommunen sind wir mit dem Land auf einem guten Weg.

 

„Wir richten nun unsere Forderungen und Hoffnungen an den Landtag Mecklenburg-Vorpommern. Es geht darum, ob der mit dem FAG 2020 erfolgreich eingeschlagene Weg der angemessenen Finanzausstattung aller Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern, einer Entschuldung, einer Unterstützung bei der Beseitigung des Investitions- und Unterhaltungsstaus fortgesetzt wird, oder ob das nur ein Strohfeuer zur Landtagswahl war“, so Thomas Beyer. 

Hintergrund:

Im Rahmen der Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz, das unter anderem auch die Höhe der Zuweisungen des Landes an die Kommunen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches regelt, kritisiert der Städte- und Gemeindetag, dass die umfangreichen Hinweise und Anregungen zur feineren und angemessenen Anpassung des Gesetzesentwurfes nicht aufgegriffen wurden. Die Verbandsstellungnahme umfasste wichtige Aspekte, die bislang im Gesetzentwurf nicht enthalten sind. Die Städte und Gemeinden befinden sich derzeit in einer nie zuvor dagewesenen Krisensituation, die sich aus mehreren Einzelnen zusammensetzt: Corona, Klimakrise und vor allem die massiven Kostensteigerungen, die inflationär aber auch durch die Ukrainekrise verursacht wurden. Diese lasten extrem. Das spüren nicht nur die Menschen vor Ort, nein, das ist auch bei fast allen kommunalen Maßnahmen spürbar. Zudem belasten Steigerungen der Sozialausgaben wie z.B. für die Kindertagesbetreuung oder die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes zunehmend die Haushalte der Städte und Gemeinden.

Vermeintlich gute kommunale Jahresabschlüsse, die auf das erfolgreiche FAG 2020 und die Stabilisierungen der kommunalen Finanzausstattung durch die Kommunalgipfel zurückzuführen sind, dürfen nicht den Blick verstellen, dass sich die Situation mit dem geplanten neuen FAG, das Gegenstand des Entwurfes des Haushaltsbegleitgesetzes ist, nun ändert. Die vermeintlichen Überschüsse kommen dadurch zustande, dass die Kommunen verpflichtet sind, für Abschreibungen Erträge zu erwirtschaften, damit ihr Vermögen nicht aufgezehrt wird. Das Geld dürfen sie aber dann nicht für Investitionen einsetzen, wenn sie in der Zukunft in den nächsten Jahren voraussichtlich ihre laufenden Auszahlungen aus den laufenden Einzahlungen decken können. Also bleibt es stehen, obwohl es dringend gebraucht wird. Hier fordert der Städte- und Gemeindetag Anpassungen und Erleichterungen im Haushaltsrecht. 

Obwohl das Land im vergangenen Jahr im Haushalt Überschüsse aufgrund von Einnahmesteigerungen von über 680 Mio. EUR verzeichneten konnte, will die Landesregierung den Kommunen die prozentuale Beteiligung an den Gesamteinnahmen im FAG drastisch kürzen. In der Gesetzesbegründung suggeriert die Landesregierung den Abgeordneten im Landtag, dass es dazu keine Alternative gebe. Dabei ist es dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überlassen, wie stark er die Selbstverwaltung in den Städten, Gemeinden und Landkreisen und damit das Leben der Menschen vor Ort ausgestattet wissen will. Der Gesetzgeber sollte dem Vorschlag des Städte- und Gemeindetages folgen und die kommunale Beteiligungsquote im FAG nur um 2,68 % kürzen, statt über 3 %. Jeder Prozentpunkt an den Gesamteinnahmen von Land und Kommunen entspricht über 90 Mio. EUR. 

Auch die neue Steuerschätzung hat für das Land deutlich höhere Verbesserungen von brutto über 100 Mio. EUR ergeben, während sich die Kommunen auf Verringerungen der Gewerbesteuer von 17 Mio. EUR einstellen müssen. 

Immerhin positiv: Die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern behalten Planungssicherheit bei Haushaltsaufstellung und dessen Ausführung. Denn an den Zuweisungen des Landes, die im letzten Jahr per Orientierungsdatenerlass mitgeteilt wurden, wird nach Aussagen des Finanzministeriums nicht nochmal mindernd geschraubt. Eine nachträgliche Absenkung hätte erhebliche Auswirkungen auf die bereits beschlossenen Haushalte und die darin veranschlagten Ansätze für die geplanten Aufgaben und Maßnahmen gehabt. Das ist aus Verbandssicht sehr zu begrüßen, denn damit scheint die drohende Überarbeitung des Orientierungserlasses für die Haushaltsplanungen 2022 und die rückwirkende Kürzung der Schlüsselzuweisungen für 2022 damit vom Tisch. So war es schließlich auch im ersten Kommunalgipfel im vergangenen Jahr beschlossen worden. 

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung: Thomas Deiters, Stellv. Geschäftsführer (01 70) 76 71 004

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